Tatsächlich lieblich: Taubertal

Das Weindorf Laudenbach ist eine gute Wahl für Radtouren

Das Taubertal wirbt mit seiner Lieblichkeit. Diese fällt uns besonders auf, nachdem wir kurz zuvor an den Resten des Stuttgarter Hauptbahnhofs unsere Fahrräder in den Zug geladen haben. Knapp zwei Stunden dauert es über Crailsheim bis Laudenbach, gleichfalls lieblich, wo die Kirche noch mitten im Dorf steht. Es gibt Weinberge und fleißige Leute, die Häusle bauen und auch sonst recht pfiffig sind.

Hier steht die Kirche noch mitten im Dorf: Weinort Laudenbach.

Hier steht die Kirche noch mitten im Dorf: Weinort Laudenbach im Taubertal.

Von Laudenbach lassen sich Rothenburg ob der Tauber, Weikersheim, Tauberbischofsheim und Wertheim entspannt mit dem Rad erreichen. Eine gute Wahl. Unsere Gastgeber haben uns in einer großzügigen Ferienwohnung untergebracht, über der sie auch selbst wohnen. Mindestens »Halbhöhe« wäre das in der Landeshauptstadt.

Gerhard trägt noch Briefe für die Post aus. Karin hat heute jedoch Pause vom Helfen auf dem Campingplatz und holt uns vom Bahnhof ab. Die kleine Station Laudenbach liegt direkt neben dem Genossenschaftszentrum, wo es auch seltene Weine wie die Eigenzucht der Region gibt, den »Tauberschwarz«.

Unseren ersten Tag orientieren wir uns zu Fuß, erkunden Laudenbach-Mitte, den Passionsweg zur Bergkirche und die Hochebene mit den Bauernhöfen darüber. Auch unsere erste Wirtschaft haben wir besucht. »Krone« gibt es in jedem Ort. Wobei trotz der Schulferien die meisten gerade um die Mittagszeit herum selbst Mittag machen. Wir ahnen zumindest die Biergärten hinter dem Haus.

Früher noch Stausee zum Baden, heute Schutzzone.

Früher noch Stausee zum Baden, heute Schutzzone. Radtour mit Gerhard.

Als wir die nächsten Tage mit dem Fahrrad bis Weikersheim unterwegs sind, um das Stadtmuseum im Gänsturm zu besuchen, haben wir ausreichend eigenen Proviant dabei. Franken-Bier gibt es auf unserer Strecke meistens dann, wenn wir es gerade nicht brauchen. Wenn Angebot und Nachfrage jedoch stimmen, passt das Gezapfte einfach zur Landschaft.

Wir haben insgesamt zehn Tage vor mit lange schlafen, mit Frühstück und Lesen auf der Terrasse und gemütlichen Strecken von 20 bis 40 Kilometern. Bad Mergentheim, Niederstetten, Creglingen und der Marienaltar von Tilman Riemenschneider stehen auf unserem Programm, fast sogar das Fingerhutmuseum daneben.

Bei Schrozberg haut es mich auf einer steil abfallenden Strecke durch den Wald fast aus dem Sattel. Vielleicht hatte ich gerade an die Weinprobe auf dem Campingplatz von Laudenbach gedacht. Jens (promovierter Physiker) und Monika (Chemikerin) sind von Stuttgart nach Wermutshausen ausgestiegen. Statt anonym zu forschen und zu entwickeln, bauen sie eigenen Wein an, brauen und brennen. Sie pflegen ihre Oldtimer, darunter ein Prachtstück von historischem Feuerwehrauto und ihre Ente Marke Citroen. Und mit viel Geduld renovieren sie ihren alten Dorfgasthof aus der »Krone«-Kette.

Das Taubertal ist voller landschaftlicher und volkskundlicher Schätze. Unser Gerhard von der Post bietet sich an seinem freien Sonntag als Begleiter für eine Radtour über die Dörfer bis Spielbach an: ein paar Bauernhäusern, eine Mühle mit angeschlossener Brauerei und Wirtschaft wie locker vor 100 Jahren.

Damit können Radler und Wanderer Rechnen: Rehe im Lieblichen Taubertal.

Teil der Lieblichkeit. Rehe am Waldrand im Taubertal.

Tatsächlich scheinen die Uhren sich vor allem seit den 1930er Jahren nicht weitergedreht zu haben. Gerhard scherzt mit dem Stammtisch über den »internationalen Frühschoppen«. Er wird prompt mit erhobenem Zeigefinger belehrt: »Wenn schon, dann nationaler Frühschoppen!«

Das ist zum Glück die Ausnahme im Taubertal. Wir begegnen eher Menschen wie Monika und Jens, Karin und Gerhard – oder Günter Hammel. Der ist mit seinen »Edelbränden aus Hohenlohe« in Vorbachzimmern fast schon Kult. Das Hobby des Hausmanns mit drei inzwischen großen Söhnen ist längst eine Wissenschaft – auf übersichtlichem und feinem Niveau für Kenner weit über das Taubertal hinaus.

Mirabellen und anderes Obst dafür wächst in der Gegend ohnehin genug. Und für ganz besondere Kreationen kauft Günter von geprüften Quellen Hasel- und Walnüsse. Die sind auch ungebrannt bereits ein Genuss.

Der sehenswerte Park hinter dem Schloss Weikersheim wird von steinernen Zwergen bewacht.

Der Park hinter dem Schloss Weikersheim wird von steinernen Zwergen bewacht.

Das Taubertal ist wie der Besuch bei den Großeltern, bei Eltern, Onkel und Tante, die es schon lange nicht mehr gibt. Wobei Gerhard und Karin, unsere herzlichen Gastgeber, trotz des Enkelkindes eher zu unserer Generation gehören. Spielbach ist nicht überall, woanders beschleunigt sich die Zeit ganz normal. Sogar in Laudenbach.

Letztens war Gerhard noch 15 und Lehrling bei der Post. Jetzt schaukelt er Enkel, und es sind nur noch ein paar tausend Kilometer durch das Taubertal bis zur Rente. Und wenn Karin nicht gerade Gäste empfängt oder auf dem Campingplatz hilft, hat sie es mit wirklich alten Leuten im nahen Wohnstift zu tun. – Jung ist ja so was von relativ.


Ein Beitrag von www.globalscout.de.

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