Südsee – da wollte ich schon immer hin. Fast wäre mir das sogar im Rahmen einer völkerkundlichen Sammel-Expedition gelungen, auf die ich mich für mehrere Reportagen bereits freute. – Die Reise wurde abgesagt.
Lust und Frust rund um das Reisen
Wenig später passierte das Gleiche mit einer Expedition nach Mexiko. Ich war bereits mit Visum und offizieller Akkreditierung als Journalist ausgestattet und hätte mit all den Chemikalien und Antiviren in mir drin jede hygienische Herausforderung überstanden. Allerbestens vorbereitet kann ich bis heute leider nur sagen: Ich habe es versucht.
1990. Wir waren baby-mental, also wegen unseres Babys sentimental. Zareena stillte sich gerade ab, und wir waren drauf und dran, trotz all der Jains unserer gemeinsamen Freunde und der Angehörigen meiner Frau mit Zareena im Gepäck in die Südsee zu fahren. Am Ende ließen wir unsere Klitzekleine bei Verwandten.
Ich reiste voraus und freute mich auf die »reiserische« Schnittmenge mit Shireen und Annette Hilschenz, die als Internistin bereits die »Hausmittel« gegengelesen hatte. Die beiden Frauen blieben noch auf Fidschi, Samoa und Tonga, während ich zurückflog und unsere Tochter einsammelte.
Ein spannender Moment: Würde sie nach dieser laaaaaangen Zeit von mehreren Wochen mir gegenüber fremdeln? Oder würde am Ende ich selbst das tun? Zareena tat das Gegenteil und streckte mir ihre kleinen Ärmchen entgegen. Welch ein Willkommen!
Auf Fidschi, der ersten Station meiner Reise, ende mein Südsee-Mythos und machte einer neugierigen Skepsis Platz. Ich kam in der Nacht an und konnte trotz der langen Anreise kaum schlafen, weil ich meinen Traum eben tagsüber erleben und alles sehen wollte: Schon mit 16 hatte ich nach Ständen gesucht, an denen sich die Palmen über den Strand bogen wie auf dem »Return to Paradise«-Beach auf Samoa.
An jenem legendären Morgen, an den sich niemand sonst erinnern wird, schaute ich erwartungsvoll aus dem Fenster eines winzigen Guest-Houses. Das herrlich blaue Meer war weg! Dafür gab es dunstige Mangroven, wie ich bei einem eher verzweifelten Spaziergang entlang der Küste feststellte. Wie dämlich konnte ich denn noch sein, um ganz und gar außer Acht zu lassen, dass – selbstverständlich (!) – auch im Südsee-Paradies die Ebbe so manchen muffigen Makel freilegt? Zum Beispiel auf Samoa eine der höchsten Selbtsmordraten weltweit, die Diskriminierung indischer Neubürger auf den Zuckerrohrplantagen Fidschis oder die frustrierten moppeligen Untertanen des Königs von Tonga.
Das Buch berichtet von zahlreichen Episoden auf den Inseln der drei Länder westlich und östlich der Datumsgrenze. Weil Annette und Shireen ihren Flug entsprechend gelegt hatten, verbrachten sie ihren Geburtstag in jenem Jahr am gleichen Tag, obwohl der Kalender sie einen Tag auseinanderhält.
Bis heute beame ich mich beim Zahnarzt mit meinen Erinnerungen an Samoa weit, weit weg. Der Mythos hat sich verändert, und ich habe seine Magie für mich angepasst.
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