KEN. Stephen King hat in »Der Outsider« beinahe zwei Geschichten geschrieben. Der erste Teil hätte als normaler Krimi enden können. Aber Stephen King zieht dann alle Register seines bewährten Stils und gibt dem Vertreter des bösen Prinzips eine weitere Chance, sich enttarnen zu lassen. Eine gute Bekannte aus Kings »Mr. Mercedes«-Zeit werden wir dabei ebenfalls wiedersehen.
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Angeblich hat der Englischlehrer und engagierte Jugendtrainer Terry Maitland im Stadtpark von Flint City den elfjährigen Frank Peterson auf bestialische Art getötet. Seine Verhaftung in aller Öffentlichkeit verurteilt ihn bereits medienwirksam. Auch wenn Terry Maitland an zwei Orten gleichzeitig hätte sein müssen, um der Täter zu sein, führt die spätere Anhörung vor Gericht in eine Katastrophe.
Bis dahin wäre »Der Outsider« ein guter Krimi geworden, in dem ein Einbruch bei einem Blutspendedienst und einer in eine Samenbank eine Rolle hätte spielen können. Aber Stephen King streut so viele Zweifel, die mit der Katastrophe vor dem Gerichtsgebäude nach mehr schreien.
Und das gibt es dann im zweiten Teil, in dem Holly Gibney von der Agentur Finders Keepers wieder gefordert sein wird. Im Umgang mit Menschen ist die ehemalige Assistentin von Bill Hodges aus der Trilogie rund um den Mercedes-Mörder Brady Hartfield weiterhin unbeholfen. Aber Bill Hodges ist längst am Krebs der Bauchspeicheldrüse verstorben, und die alte Schule verpflichtet Holly, das Unmögliche weiterhin für möglich zu halten.
Holly ermittelt rund um irgendetwas Fürchterliches, das in keine Kategorie passt, das in volkstümlichen Überlieferungen herumspukt und dem Bösen an sich zumindest nahesteht. Und der Outsider geht bei seinen Morden und ihrer Vertuschung ebenso raffiniert wie grausam vor. Er ernäht sich von den Körpern seiner Opfer und genießt die Trauer der Angehörigen wie das Dessert zum Nachtisch.
Holly Gibney wird die Partnerin des ermittelnden Detectives Ralph Anderson sein. Der hat bei der Verhaftung des vermeintlichen Kindermörders Terry Maitland in vieler Hinsicht falsch entschieden. Er ist jetzt hoch motiviert, den wirklichen Täter zu fassen und den unschuldigen Coach der Jugendmannschaften von Flint City und dessen Familie zu rehabilitieren.
Der Fall wird persönlicher, je mehr Andersons Familie in die Geschehnisse hineingezogen wird. Wenn jemand ohne sein Wissen an zwei Orten gleichzeitig sein kann, um zu morden, könnte der Krankenpfleger eines Seniorenheims ebenso der Täter sein wie der Türsteher der Bar Gentlemen, Please. Und der elfjährige Frank Peterson war sicher nicht das erste Opfer.
Holly Gibney wird Ralph Anderson überzeugen müssen, dass es Phänomene gibt, die seinem bisherigen Denken und Wissen widersprechen. Die Geschichte wird ihren king’schen Verlauf nehmen und Holly Gibney einen neuen, serientauglichen Freund zu gewinnen. So weit, so gut und wie immer so spannend.
Auch wenn ich ein großer Fan der »gesprochenen« Schreibe in den Romanen und Erzählungen Stephen Kings bin, hätte ich mir den Schluss ein wenig spannender gewünscht. Der/die/das Böse plaudert mir dann doch gar zu menschlich über die Motive und Morde. Aber vielleicht sollte genau das die Botschaft sein, denn nach Stephen King kann das Böse in jeder Gestalt auftreten und uns mit einer scheinbaren Harmlosigkeit täuschen. Wohl dem, der darauf vorbereitet ist und dem im Ernstfall jemand wie Holly Gibney zur Seite steht, die rechtzeitig das gar zu nahe Liegende infrage stellt.
Ein Beitrag von www.buecher-blog.net.
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