Phil Collins – Da kommt noch was

Der richtige Zeitpunkt für eine Autobiografie ist jetzt. – Phil Collins

Phil Collins – Da kommt noch wasKEN. Der richtige Zeitpunkt für eine Autobiografie ist jetzt. Immer. Denn wenn erst einmal jemand anders die eigene Biographie schreibt, entgleitet einem möglicherweise die Chance, den eigenen Mythos redaktionell mitzugestalten. Phil Collins (* 1951) ist nach Jahren der Krise jetzt endlich wieder jung und lebenshungrig: »Da kommt noch was«.


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Niemand besingt seine Ehemaligen leidenschaftlicher als er und füllt damit auch ohne Band Genesis die Stadien. Phil Collins ist der (!) Superstar verkorkster Beziehungen. Er liebt seine Frauen selbstverständlich, sowie er jede nächste als die Beste überhaupt beschreibt. Sie könnte auch die nächste Geschiedene sein, die er dann in seinen Liedern verewigen wird.

Vielleicht liegt es vor allem an seinem physischen Abbau nach einem wirklich arbeitsreichen Leben, dass Phil Collins Stationen seines erfolgreichen Wegs so ausdauernd beklagt. Mit drei Jahren trommelt er bereits, mit fünf kauft ihm seine Mutter die erste Kombination und mit knapp über zehn darf er nur zu bestimmten Zeiten öffentlich auftreten, weil der Jugendschutz sonst eingreifen würde.

Phil Collins will immer alles sofort, dann gleich mit allem und am liebsten schneller, als das Schicksal vorsieht. An seine frühen Jahre erinnert er sich hauptsächlich, weil er viel zu lange Bettnässer war. Und soviel er tags auch übte, bis die Finger bluteten, schien ihm auch dann alles davon zu schwimmen.

Phil Collins ist immer wieder der Hiob an der Schießbude, dem nichts genug sein kann. Am reißenden Fluss seines Lebens winkt er den Fellen hinterher, die ihn tatsächlich sogar motivieren. 30 Jahre lang nagt es an ihm, dass er als später Teen und damit noch immer junger »Percussionist« durch ein Casting bei Ex-Beatle George Harrison für dessen Soloalbum »All Things must Pass« durchgefallen war.

Schon einmal zuvor hatten ihm die Beatles einen Korb gegeben. Phil Collins war 13. Seine Mutter,  Mitarbeiterin einer Künstleragentur, vermittelte ihn als Komparsen für ein Video von »A Hard Day‘s Night«. Phil Collins bekam dafür 15 Pfund Gage. Ehrlich verdientes Geld. Doch die Sequenz mit ihm wurde herausgeschnitten; selbst im Abspann suchte er seinen Namen vergeblich.

Auch an den britischen »Bildungsadel« kam er kaum heran. Vertreter der Upper Class wie Peter Gabriel bei Genesis irritierten ihn, bis er sich dort als harter Arbeiter am Schlagzeug unersetzlich machte. Dabei spielte Phil Collins nicht einmal nach Noten, sondern vor allem nach Gehör und Gefühl.

Er macht das richtig gut und ist als Weltstar sogar im britischen Königshaus willkommen. Phil Collins summte bei einem Empfang die Titelmelodie von »Unheimliche Begegnung der Dritten Art« und irritierte damit zumindest kurzzeitig die vorbeischreitende Königin. Er hätte sich mehr als irgendwer darüber freuen dürfen, dass die Queen ihn trotzdem einen Freund ihres Sohnes Prinz Charles nannte.

Phil Collins ist vor allem ein Arbeitstier. Erst Schlagzeuger bei Genesis, dann dort und solo Sänger und Songschreiber. »In the Air Tonight«, »Another Day in Paradise« … Immer wieder schreibt er sich seit den frühen 1980er Jahren mit Balladen zu seinem jeweils aktuellen Beziehungsstand in die Hitlisten ein, sammelt Grammys, Golden Globes, ja sogar einen Oscar, wird 2010 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen und ist seit 2003 Mitglieder der Songwriters Hall of Fame.

Hinzukommen Rollen in Fernseh- und Kinoproduktionen wie die schwarze Komödie »Frauds – ein schräger Vogel« (1992), die Schirmherrschaft eines Programms für Nachwuchsmusiker und natürlich das Musical »Tarzan«. – Mehr geht eigentlich nicht.

Doch 2017 macht Phil Collins mit der nächsten Tournee weiter. Da kommt also doch noch was, trotz vorhergehender Alkoholexzesse bis 2015, »Rücken« bis zur OP, Schaden am Gehör und abgenutzter Arme nach Jahrzehnten am Mischpult und vor allem am Schlagzeug. Weil die Hände gar nicht mehr mitmachten, musste er sich zwischendurch die Stöcke an den Arm binden.

Phil Collins hat Millionen verzückt – und Millionen an seine Ex-Frauen verzockt. Seine Autobiografie dürfte einer der seltenen Orte sein, an denen er den Blick zurück wagt. Dabei hätte ich ihn mir dankbarer gewünscht statt als jemanden, der den verpassten Chancen so laut hinterherweint, wie er sonst eigentlich singt.

Auf der anderen Seite des Zaunes sind für Phil Collins die Wiesen immer saftiger. Auch wenn er niemals zufrieden mit dem Bestehenden ist und seine Leistung nur zögerlich würdigt, hat ihn gerade das beim jeweils nächsten Schritt immer wieder höher und weiter gebracht.

Ich bin beeindruckt von den Talenten und dem Überlebenswillen dieses vielseitigen Künstlers. Nach zahlreichen privaten und gesundheitlichen Krisen stellt er sich jetzt dem nächsten Kapitel: »Da kommt noch was«. Mitte 60 soll das Gewesene trotz der Biografie, für die der richtige Zeitpunkt jetzt war, eben doch noch nicht alles gewesen sein.

Mit Udo Jürgens teilt Phil Collins nicht nur, dass ein Musical mit seinem Namen verknüpft ist. Jetzt, mit 66 Jahren, fängt für Phil Collins das Leben (wieder) an.


Ein Beitrag von www.buecher-blog.net.

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